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Das Drama der Leere von Udo Baer

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  • 22. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit


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Dieses Buch kommt zur rechten Zeit. Wir leben in einer Welt, in der sich viele Menschen erschöpft, abgeschnitten oder überfordert fühlen. Die digitale Kommunikation ersetzt echte Verbindung, Arbeitswelten sind auf Effizienz ausgerichtet statt auf Beziehung. Krieg, Migration, prekäre Lebenslagen, Einsamkeit im Alter oder inmitten von Menschen – das Gefühl, innerlich leer zu sein, ist keine Seltenheit. Udo Baer widmet sich in Das Drama der Leere genau diesem Phänomen. Und er gibt ihm endlich Worte.


Leere als menschliche Erfahrung


„Es geht um die Leere im Menschen, und die Leere zwischen den Menschen.“

So bringt Baer auf den Punkt, worum es geht: Um etwas, das schwer greifbar ist, aber tief wirkt.


Leere – das wird im Verlauf des Buches deutlich – ist kein Fehler, sondern ein Signal. Ein inneres Zeichen dafür, dass etwas fehlt: Resonanz, Zugehörigkeit, Würdigung, Sicherheit. Viele Menschen, die sich leer fühlen, suchen nicht nach Lösungen, sondern nach Sprache für das, was in ihnen wirkt. Und genau das leistet dieses Buch.


Teil A: Wie sich Leere zeigt


Baer beginnt mit dem Erlebensraum der Leere. Er beschreibt sie als „diffuses Gefühl“, als Nebel, als etwas, das man oft nur erahnt, nicht klar benennen kann. „Im Nebel stochern“, „sich selbst nicht greifen können“ – solche Beschreibungen kennen viele Menschen, die im Coaching auftauchen, ohne ein klares Anliegen, aber mit dem Gefühl: Irgendwas fehlt. Irgendwas stimmt nicht.


Leere entsteht oft dort, wo Bindung nicht tragfähig war oder wo Menschen lange funktionieren mussten, ohne sich selbst zu spüren. In Coachinggesprächen begegnet mir dieses Thema häufig in Form von Anpassung, Selbstüberforderung oder innerer Distanz zum eigenen Erleben. Baers Buch bietet hier viele Anknüpfungspunkte für empathische Begleitung.


Teil B: Woher die Leere kommt


Der zweite Teil des Buches geht tiefer: Es geht um die Wurzeln der Leere. Nicht in Form von Analyse, sondern als Einladung, Zusammenhänge zu sehen. Baer spricht von „transgenerationaler Leere“ – also von Leere, die über Generationen weitergegeben wurde. Von Traumata, die nicht verarbeitet wurden, von Gefühlen, die in Familien keinen Platz hatten. Wer in einem Umfeld aufwächst, in dem Schweigen, Überforderung oder emotionale Abwesenheit Alltag sind, entwickelt oft Schutzmechanismen – aber verliert den Kontakt zum eigenen inneren Kern.


Ein starkes Bild ist dabei die „Kern-Leere“. Baer beschreibt sie als Verlust des inneren Kompasses – das, was Carl Rogers den „zentralen Ort der Bewertung“ nannte. Wenn Menschen diesen Kontakt verloren haben, spüren sie sich selbst kaum. Sie wissen nicht, was sie wollen, was ihnen wichtig ist.


Für die Begleitung im Coaching heißt das: Es geht nicht darum, Antworten zu liefern, sondern Räume zu schaffen. Räume, in denen Menschen wieder in Resonanz kommen – mit sich selbst und mit anderen. Baer sagt es treffend: „Sie werden überrascht sein, an welchen Stellen Ihnen in diesem Prozess Leere-Erfahrungen begegnen.“


Teil C: Die Leere zwischen Menschen


Einer der wertvollsten Abschnitte des Buches behandelt die zwischenmenschliche Leere – vor allem in Partnerschaften. Baer schreibt über das Phänomen, dass sich Menschen mit Leere-Erfahrungen häufig gegenseitig anziehen. Die Hoffnung, vom anderen endlich „gefüllt“ zu werden, wird jedoch oft enttäuscht. Die Beziehung verstärkt dann eher das Gefühl von Einsamkeit oder emotionaler Unerreichbarkeit.


Besonders eindrücklich ist sein Begriff der „Leere-Bindung“:

„Sie führt dazu, dass die Partner*innen immer wieder die gleichen Verletzungen und Muster von Konflikten wiederholen und dabei selbst immer wieder neu ins Leere gehen.“


Kinder, die in Leere aufwachsen


Mit dem Kapitel „Lasst unsere Kinder nicht allein!“ richtet Baer den Blick auf ein Thema, das kaum überschätzt werden kann. Kinder, die keine emotionale Resonanz erfahren, die nicht gesehen oder gewürdigt werden, entwickeln oft schon früh ein Gefühl der inneren Leere. Das prägt ihr ganzes späteres Leben. Dieses Kapitel ist ein Weckruf – an Eltern, Lehrkräfte, Fachkräfte, aber auch an uns alle: Bindung und Aufmerksamkeit sind kein Luxus. Sie sind psychologische Grundnahrung.


Und jetzt? Umgang mit Leere


Baer verspricht keine schnellen Lösungen. Aber er gibt Impulse – und das sehr praxisnah. Es geht darum, Leere nicht zu „besiegen“, sondern mit ihr in Beziehung zu treten. Sie zu erkennen, anzunehmen, vielleicht sogar zu würdigen. Denn oft zeigt sich unter der Leere ein Schatz: verdrängte Gefühle, vergessene Bedürfnisse, ungelebte Anteile.


Sein Appell: „Sie werden, hoffe ich, in Ihrem Herzen statt Leere unter dem Geröll einen reichen Schatz an Gefühlen finden.“


Das Buch ist eine Einladung an Coaches, Therapeuten, Pädagogen, tiefer hinzuhören. Nicht auf Lösungen, sondern auf das, was da ist. Und es ist eine Ermutigung, die Leere nicht zu fürchten, sondern sie als Wegweiser zu verstehen – hin zu sich selbst, hin zu echter Verbindung.


Fazit


„Das Drama der Leere“ ist kein klassisches Fachbuch. Es ist auch kein Selbsthilferatgeber. Es ist ein Dialogangebot – an Menschen, die sich auf den Weg machen wollen. Für Coaches, Mediatorinnen, Pädagoginnen und Begleiter*innen ist es ein starkes Fundament, um die innere und zwischenmenschliche Leere nicht nur zu verstehen, sondern achtsam und wirksam damit zu arbeiten.

 
 
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