ACT der Liebe von Russ Harris
- breuer-coaching
- 25. Juni
- 3 Min. Lesezeit

Frei von jedem psychologischen Jargon vermittelt Russ Harris in seinem Buch ACT der Liebe, wie uns die Ansätze der Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) helfen können, konstruktiver mit schmerzhaften Gedanken und Gefühlen umzugehen und wie wir uns dadurch auf den Prozess des gemeinsamen Lebens und Liebens einlassen können.
Das erklärte Ziel der ACT, die Steigerung der Lebensqualität durch den Aufbau von „psychischer Flexibilität“, beschreibt Harris er als die „Fähigkeit, sich mit Offenheit, Gegenwärtigkeit und Konzentration an eine Situation anzupassen und effektiv zu handeln“. Was erst einmal sehr theoretisch klingt, wird durch konkrete Beispiele und Übungen greifbar gemacht.
Harris legt den Fokus dabei auf zwei Schlüsselkompetenzen:
Präsenz – im Hier und Jetzt zu sein, statt in Grübelschleifen oder Sorgen zu versinken. Das schützt vor dem Einfluss negativer Gedanken und schmerzhafter Gefühle.
Effektives Handeln – also bewusst, statt impulsiv zu agieren, das eigene Verhalten an inneren Werten auszurichten und flexibel auf Situationen zu reagieren.
Gerade die Entwicklung von Achtsamkeit und Wertebewusstsein kann dabei helfen, Beziehungen nicht nur zu verbessern, sondern auch Konflikte wirksamer zu klären. Dabei bleibt Harris realistisch und erklärt, dass das reine Lesen des Buches den Leser nicht zum perfekten Partner oder der perfekten Partnerin machen wird. Die beschriebenen Prinzipien wollen nicht nur verstanden, sondern verinnerlicht und im Alltag eingeübt werden. Genau dabei unterstützt das Buch durch die vielen praktischen Übungen, die sowohl allein als auch gemeinsam umgesetzt werden können.
Das Buch ist etwas für dich, wenn • deine Beziehung in einem ziemlich guten Zustand ist, du sie aber bereichern und vertiefen möchtest • deine Beziehung in einem schlechten Zustand ist und du sie „reparieren“ willst (das ist ein Zitat) • du derzeit keine Beziehung führst, aber verstehen möchtest, was in der Vergangenheit schieflief, um es beim nächsten Mal besser zu machen
Im ersten Teil mit dem passenden Titel Wie der Schlamassel entsteht räumt Harris mit gängigen Liebesmythen auf, die wir alle kennen und die oft zu unnötigem Leid führen: • Wir müssen nur den perfekten Partner die perfekte Partnerin finden, dann ist alles gut • Der Partner, die Partnerin soll mich vervollständigen • Liebe sollte einfach sein • Liebe dauert ewig
Stattdessen bringt Harris eine zentrale Botschaft auf den Punkt: Wir sollten Liebe weniger als ein Gefühl begreifen, sondern vielmehr als eine Handlung.
„Liebe ist eine Handlung.“ Das muss man erst einmal sacken lassen.
Diese Perspektive gibt uns Handlungsspielraum zurück. Wir sind nicht passiv den Launen unserer Gefühle ausgeliefert, sondern können Einfluss nehmen – durch unser Verhalten, durch bewusste Entscheidungen, durch Werteorientierung. Fragen wie „Was für ein Partner möchte ich sein?“ oder „Was für eine Art von Beziehung möchte ich führen?“ stehen dabei im Zentrum.
Im zweiten Teil stellt sich die große Frage: Soll ich bleiben oder gehen? Harris liefert keine schnellen Antworten, sondern ein Modell zur Orientierung. Es trägt den Namen LOVE – ein Akronym, das für vier Prozesse steht: L – Letting go (loslassen) O – Opening up (sich öffnen) V – Valuing (wertegeleitet handeln) E – Engaging (sich einlassen)
Wichtig ist dem Autor: Dieses Modell ist kein Wundermittel, das alle Probleme einfach löst. Aber es kann eine solide Grundlage sein, um vor allem die schwierigen Phasen einer Beziehung gemeinsam zu bewältigen.
Der dritte und ausführlichste Teil des Buches trägt den Titel Die Beziehung zum Gelingen bringen und liefert jede Menge praktische und erkenntnisreiche Inhalte. Wie diese hier:
Gedanken sind wie psychischer Smog, den wir selbst produzieren. Nicht die Gedanken selbst sind das Problem, sondern die Tatsache, dass wir sie zu oft für wahr halten. Wir bewerten, urteilen und ziehen voreilige Schlüsse – über uns selbst und über andere. ACT bietet mit sogenannten Defusionstechniken Werkzeuge, um Distanz zu diesen Gedanken zu gewinnen. Es geht nicht darum, Gedanken loszuwerden, sondern sie als das zu erkennen, was sie sind: Konstrukte unseres Verstandes.
Ähnlich ist es mit Gefühlen. Auch hier gilt: Raum schaffen, annehmen, nicht unterdrücken. Gefühle machen uns menschlich, also sollten wir lernen, ihnen mit Selbstmitgefühl zu begegnen.
Harris verweist auf drei Aspekte des Selbst, die uns dabei helfen können:
Das physische Selbst
Das denkende Selbst
Das beobachtende Selbst
Gerade das beobachtende Selbst, also die Fähigkeit, uns selbst mit Abstand zu betrachten, kann zum Gamechanger in angespannten Beziehungssituationen werden.
Fazit:„ACT der Liebe“ ist kein Buch mit romantischen Versprechungen, sondern ein pragmatischer, ehrlicher Leitfaden für alle, die bereit sind, Verantwortung für ihr Beziehungsverhalten zu übernehmen. Wer sich darauf einlässt, bekommt Hilfestellung für den Weg zu einer erfüllteren Partnerschaft.
Russ Harris
ACT der Liebe: Mit Hilfe der Akzeptanz- und Commitment-Therapie unnötige Kämpfe beenden, Differenzen klären und die Beziehung stärken
Arbor Verlag